Tag 2

Es ist 6.29 Uhr. Meine Nacht war superbeschissen, meine Träume wild und meine Stimmung am Boden. Ich weiß nicht mehr was ich geträumt hab, aber es hat mich anscheinend meine Ruhe gekostet. Obwohl ich ca 9 Stunden geschlafen habe fühl ich mich schwach und vorallem nicht gut. Ich dachte, dass der Wecker läutet damit ich mein Medikament einnehmen muss, aber abends, also 20.15 Uhr. Aber ich musste feststellen, dass es bereits 6.00 Uhr morgens ist. Ich war wirklich schwer depressiv und alles mögliche ging mir durch den Kopf: Wie unwohl ich mich gerade fühle, wie gern ich diese Reha abbrechen würde und was das Ganze bringen soll und noch viel mehr unnötiges. Ich bin also mal losgestapft um eine zu rauchen und es wurde nicht besser. Dann hab ich mir gedacht, dass ich mal eine kleine Runde gehe und den Bären ruf um meinen Kopf frei zu bekommen. Was mit dem Bären gemeint ist? Ich halte sehr viel vom Schamanismus und habe mir ein Krafttier in einer Reise ertrommelt. Nähere Infos dazu spuckt sicher Onkel Google aus. Der Bär ist der Heiler unter den Krafttieren und hilft mir sehr oft in schwierigen Situationen. Ich bin also losgestapft und war extrem schnell außer Atem, fast so als würde ich viel schlechter Luft bekommen. Die Hälfte der geplanten Runde war aber schon geschafft, also is es eh egal in welche Richtung ich geh. Wieder rauf aufs Zimmer und fertig machen für das Frühstück. Ich hoffe wirklich, dass all diese Situationen der Prozess zur Besserung sind. Bitte lass diesen Tag besser werden.

Es ist nun 7:40 Uhr. Ich war frühstücken, hab schon 2500 Schritte und der Kopf scheint wieder einigermaßen klar zu sein. Ich bin immernoch sehr müde und geschafft von der Nacht. Wenn ich nur wüsste was ich geträumt hab, wenn ich nur die Gedanken beim Ergotraining verarbeiten könnte um 9.00 Uhr. Aber was auch immer es war, ich bin immernoch guter Dinge, dass es zum Prozess gehört. Was mich auch etwas aufregt, ist dass sich seit gestern vorm schlafen gehen das Bett zerlegt. Es springen die Bretter vom Lattenrost raus und natürlich wird das beim Aufstehen nicht besser wenn man das ganze Gewicht auf einen Punkt stützt. Ich habe es aber schon reklamiert. Bis heute Abend wird das wohl gegessen sein.

9:50 Uhr: Das Ergometertraining war ziemlich hart für mich, ist aber auch kein Wunder, da ich ja ca gleich viel Sport wie ein Ziegelstein betreibe. Schade ist auch, dass das Ganze nicht zu den Schritten hinzu gezählt wird. Naja was solls, bin eh schon auf 4000 Schritten, das ist für diese Uhrzeit nicht schlecht. Wie gestern beim Nordic Walking, wars auch heute. Das Gedankenkreisen war deutlich verstärkt. Dazu kommt auch noch, dass ich die ganze Zeit meinen Puls sehen kann und der war im Durchschnitt bei 131. Ging aber manchmal auch rauf auf 140 – nicht sehr beruhigend. Etwas stolz bin ich auf mich, dass ich das Bergtraining bis zum Ende durchgezogen habe. Heute zwar nur auf Stufe 6 aber das nächste Mal wird es mindestens Stufe 7. Nun hab ich noch eine Stunde frei und danach gehts zur Sozialarbeit in der psychosozialen Rehabilitation. Keine Ahnung was mich da erwartet, aber es kann kaum anstrengender sein als das Radfahren – zumindest körperlich.

12:43 Uhr: Es war ein Vortrag über die Sozialarbeit. Es war zwar ziemlich viel das nicht für mich interessant ist, aber allgemein sehr wertvolle Informationen. Die vortragende Dame hat mich gleich mit einem Bild (Meme) zum schmunzeln gebracht:cof

Was auch immer wieder interessant ist, aber man sich nie von alleine anschaut ist die Maslow’sche Pyramide. Falls jemand nicht weiß was gemeint ist:

Maslow-Pyramide

Eigentlich sollte man sich das von alleine immer wieder in die Gedanken rufen, da es ziemlich sicher fast alle Menschen falsch machen. Sich um Dinge kümmern die weiter oben sind obwohl man seine volle Konzentration auf die aktuelle Stufe richten sollte.

Wir waren früher fertig und somit gings zum Essen. Es gab so viele Gute Sachen und selbst mein leichteres Menü war wirklich hervorragend. Ich hatte heute Zander mit Knoblauchcreme und Petersilkartoffeln (540 kcal). Es hat wirklich gut geschmeckt und war auch genug um einen Ansatz von Sattsein zu spüren. Die selbe Portion wär ca noch 3x hinein gegangen aber der Speck muss weg. Nun stehen mir noch 2 Stunden Psychotherapie in der Gruppe und Wirbelsäulenheilgymnastik bevor. Da heute eh kein besonders stabiler Tag von mir ist, hab ich etwas schiss vor der Gruppentherapie. Aber es gibt kein kneifen. Was die Wirbelsäulenheilgymnastik betrifft, freu ich mich sogar ein wenig. Meine Rückenschmerzen sind momentan wieder heftig.

19:11 Uhr: Die Gruppentherapie verlief ganz genau so wie man sich das vorstellt, die einen lassen sich drauf ein, die anderen nicht. Die einen kommen mit netten Ideen, die anderen finden alles dumm. Die einen sind still und leise und die anderen haben permanent den Schnabel offen und wissen alles besser. Wie dem auch sei, geht es ja darum wie es mir gefallen hat, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich alles einpendeln wird und blicke motiviert nach vorn. Wie unsere Therapeutin das mit uns anstellen will hat sie uns verraten und ich finde ihr Vorgehensweise toll. Aus Respekt der anderen Teilnehmer gegenüber werde ich keine zu genauen Details, Orte, Gefühle oder gar Namen erwähnen. Abgesehen davon, war es das erste mal und es gibt sowieso nicht besonders viel atemberaubendes zu erzählen.

Die Wirbelsäulengymnastik war für mich sehr anstrengend, ich kann aber auch ruhigen Gewissens sagen, dass ich so gut wie möglich mitgemacht hab. Ich bin dadurch auch auf die ein oder andere Schwachstelle gekommen, die ich bestimmt dann mal alleine trainieren werde. Aber bevor ich die Mukkibude alleine betrete warte ich das erste mal mit einem Trainer ab.

Dann war meine liebe Freundin kurz zu Besuch und wir haben ein bisschen Zeit gemeinsam verbracht. Ich freu mich schon wenn sie am Sonntag einen halben Tag mit mir verbringt.

Das Essen war heute mal wieder ausgezeichnet. Es gab Züricher Kalbsgeschnetzeltes mit Nudelreis (630 kcal). Da aber die Kohlenhydrate noch sehr lange auf mich verzichten müssen, hab ich den Nudelreis durch Gemüse ersetzt bekommen. Einen Salat davor und der Verzicht was die Nachspeise angeht. Eine Dame aus meinem Team, der ich von meinem Abspecken erzählt habe, hat schon nach meinen Schritten gefragt als wir am Tisch gesessen sind und als wir rauchen waren meinte sie zu mir: „Na bevor wir nun dumm hier rum stehen, gehen wir doch noch ein paar Meter“. Gesagt, getan! Das war das zweite Mal, dass ich heute mit ihr eine kleine Runde gegangen bin. Sieht so aus als hätte ich eine Person gefunden mit der ich mich an Therapiefreien Tagen zu meinen 10.000 täglichen Schritten überreden kann.

Ich hab ein wenig schiss vor der kommenden Nacht und dem morgigen Erwachen. Mit meinem Bär an meiner Seite und den positiven Gedanken werde ich mich nun in richtung Bett bewegen und weiter meine Serie schauen bis das Sandmännchen kommt. Sollte heute nichts eigenartiges mehr passieren, wird das wohl mein letzter Eintrag für heute. Ansonsten sieht man es spätestens morgen.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich bedanken, dass mittlerweile ein paar mehr Leute meinen Blog lesen und mir sogar Feedback geben. Vielen lieben Dank für so tolle und nette Nachrichten.

Good Night 🙂

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2 Antworten auf „Tag 2

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  1. Ja, das ist ein Teil des Prozesses…. all die Geister der Gewohnheit rebellieren jetzt und springen auf, damit sie wieder gehört werden. Du darfst nicht vergessen, dass dieses Gedankenkreisen ein Teil Deiner Existenz, eine ganz fixe Gewohnheit, ist. Das muss sich alles erst neu ordnen. Und wie immer, wenn sich etwas neu ordnet, entsteht zuvor Chaos. Stell Dir vor, es ist wie ein vollgerümpeltes Zimmer aufzuräumen. Zuerst wird es schlimmer, weil man alles mal auf einen Haufen schmeißt und nach der ersten Stunde hat man das Gefühl, dass man das gar nicht schaffen wird, das alles jemals wieder auf die Reihe zu bekommen. Es sieht noch schlimmer aus als vorher. Aber nach einer weiteren Stunden zeichnen sich schon die ersten Erfolge ab. Es liegt immer noch viel vor einem, aber man sieht, dass sich langsam eine Ordnung und ein System abzeichnet. Weitere zwei Stunden später gibt es schon aufgeräumte Bereiche und dann kommt die Kraft. Man sieht die ersten Anzeichen des Ergebnisses und der Rest erfordert immer noch Anstrengung, aber man hat schon eine Ahnung vom Ziel. Und genau so ist das, was Du gerade machst. Du bist noch in dem Stadium, indem Du beschlossen hast aufzuräumen, aber weder genau weißt, wo Du anfangen sollst und schon gar kein Bild hast, wie es hinterher ist. Du weißt nur, dass eine Menge Arbeit vor Dir liegt. Und dann gilt es anzufangen (das hast Du bereits getan) und zu akzeptieren, dass es dauert, bis Du auch nur eine Ahnung davon hast, wie das Ergebnis aussehen wird. Und so lange gibt es nur einen Weg…..einfach durch. Jeden Tag nur diesen einen Tag sehen und darauf vertrauen, dass sich Dinge in Deinem Inneren verändern, auch wenn Du es vielleicht gar nicht bemerkst. Ich wünsche Dir alles Liebe für diesen mutigen Weg!

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  2. Das kenne ich auch, dieses Gedankenkreisen bei Bewegung, ja da ist bei mir auch keine Spur von Kopf leer machen – im Gegenteil: kaum den ersten Schritt getan geht es schon los – ja das gehört zum Prozess und ich sehe es aus traumatherapeutischer Sicht so, dass sich da was aus der Erstarrung rauslöst und das ist wie gesagt gut, aber nicht angenehm. Du bist toll, lieber Danny, wie Du positiv und gerecht bist mit Dir und den anderen. Ja, wie Manu wünsche ich Dir alles Gute für Deinen mutigen Weg.

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